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Lesetipp: Die Fernsehfamilie in 3 Bänden

Werbung – Rezensionsexemplar

Wunder gibt es immer wieder von Beate Sauer

Wunder gibt es immer wieder
Die Fernsehschwestern (Band 1)
Beate Sauer

Originalausgabe, Paperback , Klappenbroschur, 544 Seiten
ISBN 978-3-453-42665-8
Erschienen am 14. Juni 2023 im Heyne Verlag (Werbung)
Eine Leseprobe und Bestellmöglichkeiten bei diversen Händlern findest Du auf der Verlagswebsite. Ich habe es als E-Book gelesen.

Die Geschichte einer deutschen Familie, eines Mediums, das alles verändert, und einer Generation furchtloser Frauen

1953 bezaubert die Krönungszeremonie von Elizabeth II. die Menschen vor den Fernsehbildschirmen. Das neue Medium bietet einen Blick in die große weite Welt, wie es ihn nie zuvor gegeben hat. Auch die siebzehnjährige Eva Vordemfelde ist begeistert von der jungen Königin, von der frischen Brise einer neuen Zeit und der Aussicht auf ein aufregendes, unabhängiges Leben. Ihrem Vater passen diese Ambitionen überhaupt nicht. Ein junges Mädchen gehört nach Hause. Als Eva sich auch noch in den unkonventionellen Journalisten Paul verliebt, setzt ihr Vater alles daran, seine Tochter den konservativen Regeln zu unterwerfen, die er für richtig hält. Doch Eva lässt sich nicht unterkriegen. Und als sie die unglaubliche Chance erhält, bei der Kostümbildnerin der »Sissi«-Filme zu lernen, setzt sie alles daran, ihren Traum Wirklichkeit werden zu lassen.”

Verlagstext

Zu Beginn habe ich mich mit dem Roman etwas schwer getan, weil er in Evas Perspektive sprachlich sehr mädchenhaft-romantisch wirkt. Da das aber das Denken und Sprache der Zeit gewesen sein dürfte, fand ich es nach einer Weile nicht mehr kitschig, sondern passend.

Die Veränderung, die Eva durch die Abnabelung vom Vater in dem Buch vollzieht, zeigt sich im Lauf des Romans dann auch in ihren Gedanken und der verwendeten Sprache. Das erzeugt eine schönen Entwicklungsbogen. Am Ende wurde zur sprachlichen Stärke des Buchs, woran ich mich zu Beginn störte.

Eva hat gegen ihren Willen eine Ausbildung zur Sekretärin gemacht, anstatt Schneiderin zu werden, um als Kostümbildnerin zu arbeiten, was ihrem Traum entsprochen hätte. Als Tochter im Großbürgertum war aus Sicht des Vaters eine Arbeit als Schneiderin unter Niveau. Über eine Tätigkeit als Kostümbildnerin im Umfeld von Revuen brauchen wir gar nicht erst zu reden. Die laufen beim ihm direkt unter Rotlicht-Milieu.

Kleider zu entwerfen und selbst zu nähen als Hobby? Erlaubt. Als Arbeit? Undenkbar. Dem beugt sich Eva solange, bis sie die Chance sieht, eine Hospitanz in einem Theater zu bekommen. Es folgt: ein familiäres Drama. Das Problem ist, dass man in Deutschland damals erst mit 21 volljährig wurde, was Eva zu diesem Zeitpunkt nicht ist.

Selbst mit 19 und 20 wird sie von ihrem Vater herumkommandiert wie ein Kleinkind. Es hat im Haus ganz klar nur eins zu geschehen: sein Wille und die Unterstützung seiner Karriere als Journalist. Er tut alles, um zu verhindern, dass Eva ihre beruflichen Träume verwirklichen kann.

Paul lernt sie bei der Arbeit als Schreibkraft beim NWDR – aus dem wurden später NDR und DWR – kennen. Natürlich gefällt ihrem Vater an Fan von Adenauer die linke Denkweise Pauls nicht. Ob Paul und Eva zueinander finden und eine Chance bekommen, kannst Du beim Lesen herausfinden.

Eva hat die Vorstellung einer gleichberechtigten Ehe. Sie möchte berufstätig sein, auch wenn sie Kinder hat, Sonntags gemeinsam mit dem Mann ein einfaches Essen kochen, anstatt ihm alleine ein 3-Gänge-Menü auf den Tisch zu bringen und über ihr eigenes Geld verfügen ohne Einwilligung des Ehemanns. Das ist exakt das Gegenteil von dem, was ihre Eltern ihr vorleben.

Allerdings war die Mutter Annemie nicht immer so eine brave Hausfrau. Der Vater ist aus Gefangenschaft in Russland erst Jahre nach dem Krieg heimgekehrt und die Mutter hat, mit Evas Unterstützung, in diesen Jahren Eva und ihre beiden jüngeren Schwestern – die Zwillinge Lilly und Franzi – alleine durchgebracht.

Die starke Frau aus den Nachkriegsjahren blitzt immer mal wieder in Annemie auf, aber sie scheint Angst vor ihrer eigenen Courage zu haben. Ihr ist klar, dass sie Eva unterstützen muss, um sie nicht zu verlieren. Das setzt aber voraus, sich gegen den Ehemann aufzulehnen, was dem natürlich so gar nicht passt.

Mir hat es Spaß gemacht, den Roman zu lesen. Ich habe mit Eva gelitten unter dem Vater und den Umständen, denen sie in 1950ern unterworfen war. Und ich habe mich mit jedem Schritt für sie gefreut, den sie aus der Enge der Familie heraus gewagt hat. Die Fortsetzung möchte ich definitiv lesen.

Ausblick

Band 2 Morgen ist ein neuer Tag ist für den 11. Januar 2024 geplant, Band 3 Glücklich sind die Mutigen für den 10. Juli 2024. Wenn Du die drei Bände in einem Rutsch lesen möchtest und Dein SuB eh voll ist, brauchst Du nur bis zum kommenden Sommer zu warten.

In Band 2 stellen sich Lilly und Franzi, die Zwillingsschwestern von Eva, den Herausforderungen der 1968er-Bewegung. Band 3 spielt 1989 zum Mauerfall und stellt neben Eva ihre Nichte in den Vordergrund. Das berufliche Fernseh-Umfeld zieht sich durch die Familie.

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8 Antworten auf „Lesetipp: Die Fernsehfamilie in 3 Bänden“

Das klingt wieder nach einer sehr guten Geschichte. Es kommt zumindest in den gedanklichen SuB.
Danke fürs Vorstellen und ich sehe vor mir, was dich gestört haben wird.
Schön, dass Eva dich noch umstimmen konnte.
Liebe Grüße
Nicole

Da wird mal wieder deutlich, wie lange die Queen auf dem Thron war…
Und wie es für Philipp damals gewesen sein muss, immer nur Prinzgemahl zu sein. Hätte er eine bürgerliche Frau genommen, wäre er der König gewesen in der Familie. 🙂
Und viele Männer wünschen sich diese Zeit im Moment zurück, hat man den Eindruck bei diversen Wahlumfragen.
Insofern sind solche Bücher immer interessant, machen sie doch klar, wie verhältnismäßig jung all die Errungenschaften für Frauen sind und wie leicht brüchig es auch noch ist. Und sie erzählen die Geschichten von Frauen, die sich was trauen. Das finde ich besonders wichtig!
Herzlich, Sieglinde

Beeindruckend fand ich bei der Schilderung der Krönung, wie ernst und aufrecht sie gewirkt haben soll und sich der Verantwortung sehr bewusst. Hätte sie diese Bürde auf sich genommen, wenn sie die Dauer auch nur geahnt hätte?

Dass sich Eva etwas traut es sie nicht den Kopf kostet, finde ich auch ein wichtiges Zeichen.

Liebe Ines,
ja, ich kann mir vorstellen, dass es etwas irritiert, wenn Eva zu Beginn so “jungmädchenhaft” erzählt. Aber mir gefällt das auch, wenn sich die Sprache der erzählenden Person im Lauf der Geschichte – angepasst an die Entwicklung – verändert. Junge Frauen, die etwas anderes wollten als ihre Eltern bzw. ihre Väter hatten es damals nicht leicht. Eigentlich hatte sogar ich – als in den frühen 1960ern Geborene – es nicht leicht, was die Berufswahl betrifft, vermutlich, weil meine Eltern (Jahrgang 1924 und 1926) ungefähr derselben Generation angehörten wie Evas Eltern. Sie waren zwar offenbar weniger starr in ihrer Auffassung bezüglich der “Rolle einer Frau”, aber ich glaube, die Auffassung, welcher Beruf bzw. welche Ausbildung “bei einer Frau Sinn macht”, war dennoch in ihnen festgefahren. Das hat sich einfach sehr stark verändert im Lauf der Generationen und war bei ihnen noch weit weg von der Möglichkeit, mich meinen Weg eine Zeitlang suchen zu lassen. (Meinen Eltern ging es nicht um Schicklichkeit o.ä., sondern um Absicherung. Tätigkeiten, die z.B. künstlerisch waren, hätten mich nicht genügen abgesichert.)
Ein bisserl erinnert mich die Buchserie an die KuDamm-TV-Serie, hast du die gesehen?
Alles Liebe, schöne Oktobertage – und natürlich Zauselkrauler!
Traude
🍁🌻🍂 🌻🍁

Immerhin wollten Deine Eltern schon Absicherung für Dich durch Deinen Beruf und nicht durch einen Ehemann. Dennoch blöd, wenn man eine Künstlerseele hat und keine Zahlenseele.

Die Serie kenne ich nicht, aber eine Buchtrilogie, die dort spielt.

Habt einen schönen Oktober!

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