Für ein Seminar über Business-Kleidung hat sich von Kundenseite aus eine Frage ergeben, die ich für betrachtenswert halte. Sie lautet
Woran erkenne ich gute Kleidung?
Es ist leicht gesagt, dass hochwertige Kleidung länger hält oder dass es wichtig ist für einen wertigen Gesamteindruck, dass die Kleidung Qualitätsmerkmale aufweist. Aber was heißt das eigentlich? Bei der Vorbereitung auf das Seminar habe ich mir folgende Punkte notiert
- Der Schnitt der Kleidung passt zu meinem Körper und Kleidungsstil.
- Das Material ist angenehm zu tragen und atmungsaktiv. Das leisten meistens Naturfasern oder Funktionstextilien.
- Ich kann das Material selbst pflegen => das spart Reinigungskosten und ich schiebe Reinigungen dann nicht auf.
- Der Stoff leiert nicht aus, er behält beim Tragen die Form oder zieht sich beim Lüften von selbst wieder hin. Mein Tipp: Mach den Knautschtest. Knautsch den Stoff in der Hand zusammen, lass wieder los, schüttle ihn und schau, ob er kraus bleibt oder sich die Falten wieder herausziehen.
- Der Stoff bekommt kein Pilling oder es lässt sich leicht entfernen, z.B. mit einem Fusselrasierer. Material mit langen Fasern neigt weniger zu Pilling als welches mit kurzen.
- Nähte bleiben auch nach der Wäsche glatt.
- Innen mit Schrägband eingefasste Kanten sorgen für ein schöneres Inneres und stabilisieren die Nähte.
- Die Nähte sind mit vielen kleinen Stichen gemacht.
Bei der Bluse auf dem oberen Foto fällt das besonders auf, weil sie hellblau war und von mir dunkelbraun gefärbt wurde, wobei das Garn seine Farbe behalten hat. Bei den Nähten in Kontrastfarbe würde jeder Pfusch sofort ins Auge springen. Du kannst sehen, dass auch das Knopfloch schon fest eingefasst ist.
Es gibt keine losen Fäden an den Nähten oder überlange Fadenenden.
Die Knöpfe sehen schön aus, fassen sich gut an und sind fest angenäht. Wenn an einem Kleidungsstück optisch oder haptisch billige Knöpfe sind, kannst Du die durch schönere austauschen (lassen). Du wirst Dich vermutlich wundern, was schöne Knöpfe kosten.
Dieser Blusenknopf ist mit Steg angenäht, also etwas Abstand zwischen Knopf und Stoff. Der Steg ist fest mit Garn umwickelt. Außerdem ist der Vierlochknopf ist über Kreuz mit vielen Stichen angenäht, wie Du im oberen Bild sehen kannst. Der hält bombenfest!
- Bei Blusen und Blazern liegen der Kragen im Nacken und das Revers an der Brust an.
- Die Farbe der Kleidung passt zu mir.
- Die Farben bleiben in der Wäsche erhalten.
- Durchlaufendes Muster bei gemusterten Stoffen an Nahtstellen und Applikationen sieht wertig und ruhig aus. Das verbraucht viel mehr Stoff, Zuschnitts- und Verarbeitungszeit als wenn die einzelnen Teile ohne Beachtung des Musterverlaufs zu geschnitten werden. Bei dem gestreiften Kleid siehst Du die Seitennaht als positives Beispiel.
16 Antworten auf „Qualitätsmerkmale guter Kleidung“
Danke für die Tipps.
Liebe Grüße!
Gern geschehen!
Liebe Ines,
sehr gut zusammengefasst; ich habe früher sehr viel genäht, leider komme ich jetzt nicht mehr dazu (vielleicht in der Pension wieder) daher achte ich auf verschiedene Dinge ganz besonders, zB auf Knöpfe, lose Fäden, Fadenverlauf, genähte und versäuberte Knopflöcher, bei Röcken auf die Naht (nicht zipfelig), innen ordentlich versäubert, auf die Haptik und das Material des Stoffes, uva, es wird damit nicht einfacher etwas zu kaufen, obwohl es trotzdem manchmal nach der ersten Wäsche doch zu bösen Überraschungen kommen kann…
alles Liebe Gabriele
Für mich ist fast das wichtigste, dass das Teil richtig passt. Und das eben nicht nur in der Breite. Dass die Ärmel richtig eingesetzt sind. Nichts steigt oder Falten wirft. Bei geschlossenen Knöpfen absteht oder aufklafft. Nichts “zipfelt” oder sich beim Tragen dreht.
Dazu kommt das Material und die Haptik. Plus Farbe. Und ja, Qualität ist teuer. Und Maßschneiderei eine Kunst. Ebenso wie Haareschneiden. Alles, was ein Dreidimensionales Ergebnis in Bewegung liefern muss verlangt Kreativität, äußerste Präzession, Technik und Leidenschaft. Wer das drauf hat, ist für mich ein Künstler, kein Handwerker.
LG Sunny
Liebe Ines, danke, das trifft natürlich auch das Thema was ich meinte. Ich nehme an, dass du das alles auch deinen Kunden so weiter empfiehlt.
Ich hätte noch hundert Ergänzungen, werde mich aber hüten, hier den Rahmen zu sprengen. Aber eins liegt mir persönlich sehr am Herzen: Ich achte immer darauf, dass fertige Strickwaren auf Form gestrickt sind und nicht einfach nur zugeschnitten! Das sieht man v. a. an den Ärmelschrågen durch die regelmäßigen Abnahmemuster. Ist das nicht da, geht das Stück zurück auf die Stange.
Alles andere findet meine vollstes Zustimmung!
LG Susanne
Es gibt sicher auch … (Markennamen von Admin entfernt)-fähnchen, die super sitzen, (zu) mir passen und die richtige Farbe haben. Trotzdem ist das für mich keine hochwertige Kleidung und schon gar kein Qualitätsmerkmal. Materialherkunft und Verarbeitung finde ich sehr wichtig. Ich kaufe lieber Wolle aus Schottland, Kaschmir aus der Mongolei und Baumwolle aus Korea, als aus Bangladesch oder China. Ich gucke vor dem Einkauf immer auf die Zettel im Inneren.
Liebe Grüße
Bärbel
Gut, dass Du Dich diesem Thema widmest. Im “Rausch des Aussuchens und endlich ein tolles Teil gefunden habens”, vergesse ich schon mal auf so essentielle Sachen… 😉 Das mit dem Knopf-Austauschen habe ich auch schon gemacht. Eine Jacke bekam so ein viel hochwertiges Aussehen. Es war schon eine gute Qualität, aber mir zuviel Blingbling bei den Knöpfen…
Dass heutzutage noch teure BW T-Shirts eingehen, finde ich auch unmöglich. Und zwar bei jedem Waschen ein Stückchen mehr. Habe ich jetzt erst bei einem Stück von Betty Barcley so erlebt. Eigentlich ein gestreiftes Lieblingsteil, wird es immer kürzer. So schade und natürlich für Reklamation viel zu spät.
Jetzt interessieren mich natürlich Susannes Ergänzungen. Wie wäre es mit einem Gastbeitrag?
Herzlich grüßt Sieglinde
Sieglinde, wenn man selbst was vom Handwerk versteht, sieht man alles viel kritischer. Vielleicht nehme ich das Thema demnächst bei mir auf. Ich brauche Lückenfüller zwischen der Strickmanufaktur und dem neuen Start. Es würde passen!
LG Susanne
Liebe Ines,
es ist schon toll, wenn ein Muster so verläuft wie bei deinem Kleid. Das zahlt man natürlich mit. Ich habe intensiv genickt bei deinem Satz über die Knöpfe, denn in jüngeren Jahren wollte ich mal an eine Jacke andere Knöpfe annähen, um sie aufzupeppen, und ging dazu in einen Laden namens Knopfkönig, der vermutlich für Knopflieber eine Art Paradies war. Denn es gab hier Knöpfe in allen Farben, Größen, Formen… Aber teuer waren sie alle, und da sie damals insgesamt teurer gekommen wären als die Jacke, beließ ich es schließlich bei den alten Knöpfen.
Herzliche Rostrosengrüße und Paulekrauler, Traude
Der Schnitt und das Material sind für mich erstmal am wichtigsten. Klar die Farbe, aber das hat mehr mit meinem Typ zu tun, als mit der Wertigkeit eines Kleidungsstücks. Den Grifftest mache ich immer bei Mänteln und Anzügen. Ein guter Schurwollmantel/Anzug knittert nicht. Mein Kaschmir fusselt nicht, ein wenig Pilling und dann war gut. Aber mein neuer “Pinkpulli” fusselt furchtbar, überall Wollfasern, doof bei schwarzen Hosen 😉 Auf Knopflöcher schaue ich auch gern, manchmal sind die schlecht versäumt. Für mich immer ein riesen Highligt, wenn das Innenfutter kein Polyester ist. Weisst Du da hab ich einen tollen Wollmantel ohne Poly entdeckt und dann ist er komplett damit gefüttert.
Nicht so leicht Kleidung zu finden, die richtig gut ist, wenn man wählerisch geworden ist 🙂 Danke für den tollen Post. Liebe Grüße Tina
Deine Liste unterschreibe ich sofort, liebe Ines. Ich würde deine Liste noch um den Riechtest ergänzen wollen. Sollte das Kleidungsstück nur ein klein wenig irgendwie nach Chemie riechen, probiere ich es gar nicht erst an.
LG Caro
Dass es wirklich gut sitzt ist für mich das Allerwichtigste. Und da hab ich ja gerade überraschenderweise bei … (Markennamen von Admin entfernt) jene dunkelblaue Strickkombination gefunden, die sich gut anfühlt und super sitzt.
Beachtenswert finde ich, dass so ein Thema offenbar automatisch zu einer – wie soll ich sagen – leicht elitären Diskussion zu werden droht.
Oder gleich die ethisch-moralischen Töne reinspielen. Das ist dann aber für mich eine andere Debatte.
Das bedeutet nicht, dass Qualität nicht wichtig ist. Ganz im Gegenteil. Ich finde sie sehr wichtig. LG Sabina
Qualität muss nicht elitär sein, auch wenn wirklich gute Sachen schon mal ihren Preis haben. Ich gehe seit 2 Jahren einfach konsequent nicht mehr zu … (Markennamen von Admin entfernt), sondern kaufe lieber weniger und hochwertiger.
🙂 Liebe Ines,
schöner Bericht!
Ich finde bei Mustern sieht man den Unterschied in der Qualität! Wenn Teile so genäht sind, dass das Muster fortlaufend ist, oder durch die Naht unterbrochen wird. Auch das hat aber nicht immer etwas mit dem Preis zu tun.
Pilling finde ich äußerst nervig, aber das lässt sich leider nur selten abstellen. Da muss man dann öfter mit dem Pilling-Rasierer ran.
Schönes Wochenende und liebe Grüße
Claudia 🙂
Hui, das sind aber viele Punkte … – mir schwirrt der Kopf und ich muss natürlich zugeben, im Laufe der Jahre leider scheinbar eine ganze Reihe qualitativ minderwertiger Teile angeschafft zu haben …
Gerade letztens habe ich eine Bluse gekauft, bei der ich nach der ersten Wäsche quasi überall diese losen Fäden/überlangen Fadenenden fand. Nervig!! Und gerade trage ich einen Pullover eines recht namhaften Herstellers auf, der vor allem am Kragen völlig verschnitten ist und zudem knautscht wie doof. Habe den lange überhaupt nicht angezogen, aber werfe mir jetzt ein riesiges Tuch drüber, so ist es an Hals und Nacken dann doch warm genug. 🙂
Sobald Ihr über diese Schneiderkünste sprecht, bin ich übrigens komplett raus. Vielleicht könnte man ergänzend zu diesem Beitrag irgendwann mal Fotos zeigen? Schlechte Beispiele versus gute Beispiele? Also quasi nochmal bebilderte Tipps? Das wäre fein.
Liebe Grüße
Gunda
Ein sehr guter Artikel!
Ich plädiere sehr dafür, auf hochwertigere Bekleidung zu achten. Schon allein deswegen, weil dies einfach nachhaltiger ist, als Teile zu kaufen, die nach der 2. Wäsche nur noch zum Putzlappen taugen.
Leider bemerkt man richtig gute Qualität als Nichtfachmann oft erst dann, wenn es zu spät ist.
LG
Sabienes