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Lesetipp: Wie man als Teil eines Ganzen wieder ein ganzes Teil wird

Werbung – Rezensionsexemplar

Nur über seine Leiche von Brenda Strohmaier

Nur über seine Leiche
Wie ich meinen Mann verlor – und verdammt viel übers Leben lernte
von Brenda Strohmaier

Originalausgabe, Paperback , Klappenbroschur, 336 Seiten
ISBN 978-3-328-10300-4
Erschienen am 11. Februar 2019 im Penguin Verlag (Werbung)
Bestellmöglichkeiten bei diversen Händlern findest Du auf der Verlagswebsite.

“Zehn Jahre lang versuchte Brenda Strohmaier, ihren Freund vom Heiraten zu überzeugen. Kaum hatte er endlich »Ja« gesagt, war sie plötzlich: Witwe. Mit 44. Fort war ihr kluger, schöner Mann, zurück blieb sie mit Trauerschmerz plus Bürokratieirrsinn. Und Fragen. Wie soll das gehen, so ein Leben und Lieben danach?

Kann man mit Mitte 40 noch mal von vorne anfangen? Sie beschließt, der erzwungenen Rückkehr ins Single-Dasein ein paar neue Erkenntnisse abzutrotzen. Reist ein paar Monate durch die Welt, konsultiert Nachlassexperten, Meditationslehrer, Friseure, küsst eine Frau. Fazit ihrer irrwitzigen Odyssee: Bedingt lustig, dieses „verwitwet“. Aber verdammt lehrreich.“

Klappentext

Das Buch habe ich auf Empfehlung von Leserin Uschi entdeckt. Als verheiratete Frau mit einem Ehemann, der zehn Jahre älter ist als ich, ist die statistische Wahrscheinlichkeit hoch, selbst zur Witwe zu werden, auch wenn ich hoffe, dass das nicht passiert.

Mein Mann ist ohne mich vermutlich lebensfähiger als ich ohne ihn, weil seine Resilienz deutlich höher ist als meine. Aber bekanntlich überlebt man ja alles außer dem Tod. Da ich mich generell für gesellschaftliche Tabuthemen interessiere, war ich neugierig auf das Buch der mittelalten Witwe, die ihren Trauer- und Lebensweg bewusst gestaltet.

Brenda Strohmaier verrät in dem Buch, wie sie damit umgegangen ist, mit Mitte 40 Witwe zu werden und was sie dabei umgehauen, positiv überrascht, gelernt und vermisst hat. Die pragmatische, unkonventionelle Sichtweise der Autorin ist mir sympathisch.

Das Buch besteht aus 31 Lektionen in den Kapiteln

  • Die ersten Wochen
  • Ich und die anderen
  • Die große Reise
  • Praktisches
  • Etwas Theorie
  • Zwischenbilanz 1
  • Eso-Ecke
  • Neue Liebe
  • Zwischenbilanz 2
  • Bewältigungsstrategien
  • Andere Witwen
  • Zum Schluss

Mal davon abgesehen, dass es auch immer etwas Voyeuristisches für mich hat, so persönliche Bücher zu lesen, fand ich alle von ihr erwähnten Aspekte lesen- und bedenkenswert. Wie die Autorin werde ich nicht müde, zu erwähnen wie wichtig Vorsorge für den Sterbefall ist.

Alleine die Erbkosten bei unverheirateten Paaren und die Verteilung des Erbes sind so krass, wie es kaum jemandem klar ist. Und auch, was man seinen Angehörigen hinterlassen sollte, damit sie es leichter haben, den Nachlass zu regeln.

Von sortierten Papieren bis zu hinterlegten Passwörtern ist einiges hilfreich neben einem Testament, Vollmachten und einer Patientenverfügung. Darüber habe ich vor einigen Jahren schon mal geschrieben und viele Leserinnen kommentierten damals, dass sie das als Anlass nehmen würden, sich endlich darum kümmern.

Sind Deine Angelegenheiten geregelt?

Die vielen konkreten Situationen, die Brenda Strohmaier beschreibt, sind alles zwischen traurig, skurrile und lustig. Interessant fand ich die Teile, in denen sie schreibt, welchen Umgang oder Worte sie sich von ihrem Umfeld gewünscht hätte und was ihr gut getan hat.

Besonders gut hat mir der letzte Satz gefallen, in dem sie ihren verstorbenen Mann Volker zitiert:

„Immer dieses Gewese um das Ende. Das ist doch völlig austauschbar. Wichtig ist nur, was vorher passiert.“

Seite 326

Die Aussage bezieht sich ursprünglich auf das Ende von Filmen, aber mit Filmen ist es wie im Leben: Der Weg ist das Entscheidende, nicht das Ende.

Was möchtest Du auf Deinem Lebensweg noch erleben?


20 Antworten auf „Lesetipp: Wie man als Teil eines Ganzen wieder ein ganzes Teil wird“

Liebe Ines, gleich mal Daumen hoch für dieses Buch – das ist bei mir auch sofort auf meine Leseliste gewandert, da ich dazu einen direkten Bezug habe. Meine Freundin hat auch in relativ jungen Jahren ihren Gatten ganz plötzlich verloren und ich habe diese folgende Zeit mit ihr miterlebt und auch für mich so Einiges mitgenommen. Dazu unter anderem auch wie du angeführt hast, eine Regelungen der eigenen Angelegenheiten, denn keiner weiß, wann es für ihn Zeit ist zu gehen. So haben wir sowohl ein Testament als auch eine Vorsorgevollmacht und weitere Regelungen für den Fall des Falles bereits schon vor Jahren getroffen.
Hab ein wunderbares Wochenende und alles Liebe Gesa

Dass Du in solchen Sachen umsichtig bist, passt zu dem Bild, das ich durch Dein virtuellen Auftritt habe. Wir haben offenbar viele Gemeinsamkeiten in solchen Dingen und Denkweisen.

Wir haben das auch alles geregelt und zwar direkt nachdem Kauf unseren Hauses als unverheiratetes Paar. Auf dem Weg zum Notar fragte ich mich beim Überqueren der Straße, wer eigentlich erbt, wenn einer von uns jetzt vom Auto überfahren wird und wir wollten beide nicht mit den gegenseitigen Müttern oder Schwestern das Haus teilen … Als wir den Notar fragten, ob er im Anschluss noch Zeit hätte, um diese Frage zu klären, hat er sich die gerne genommen. Und der sagte, dass er uns auch von sich aus darauf angesprochen und über die Erblage aufgeklärt hätte. Den Erbvertrag haben wir dann direkt in Auftrag gegeben. Eine notariell beglaubigte Vorsorgevollmacht und gegenseitige Generalvollmacht haben wir dann einige Jahre später erstellt.

Dieses Thema ist natürlich wichtig und Du hast da ja schon öfters dran gerührt. Das Buch klingt sehr einfühlsam und könnte auf jeden Fall eine Hilfe sein, wenn einen das Thema berührt und man sich ihm nähern möchte.
In meinem Alter habe ich schon einige Freundinnen, die inzwischen, und teilweise auch schon sehr lange, Witwe sind (mit Mitte 50 zum Teil) und der Umgang mit Trauer und Freundschaft ist mir sehr vertraut.
Es ist auf jeden Fall wichtig, Freunde oder Familie zu haben, wenn es soweit ist. Das habe ich immer so empfunden. Das fängt ein wenig auf.
Alles geregelt zu haben, ist auch für alle sehr gut. Für die Sterbenden und die Lebenden. Wir haben das notariell gemacht vor einigen Jahren incl. Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht. Das hat uns sehr wohlgetan, zu wissen, es ist das Wichtigste geregelt. Tatsächlich möchte ich mir aber noch ein Grab aussuchen, das schieben wir immer noch ein wenig vor uns her. Aber ich möchte es, denn das Familiengrab, das meine Familie hat, ist weit entfernt und wir werden nicht dort beerdigt werden und ich will unseren Platz wissen. Auch die Beerdigung möchte ich noch regeln. Geld dafür habe ich schon verfügt.
Das betrifft also das “Gewese um das Ende”. Doch nun kommt noch einiges, was vorher passiert. Und da will ich schon noch dabei sein mit Enkelkinder, Familie und Freunde treffen und umarmen, fröhliche Feste feiern, Reisen und Radfahren, meinen Shop noch möglichst lange haben, jede Menge Kultur erleben – alles was ich vor Corona auch so gern gemacht habe. Nichts Besonderes, aber alles besonders schön!
Ich freu mich schon so drauf.
Herzlich grüßt Sieglinde

Wenn Dir das Grab wichtig ist, finde ich gut, wenn Du das selbst aussuchst. Ich habe im Freundeskreis die Erfahrung gemacht, das Hinterbliebene schnell überfordert sind, solche Entscheidungen zu treffen. Man fragt sich immer, was der verstorbene Mensch gewollt hätte und versucht, es ihm recht zu machen. Je mehr der Mensch aber bereits selbst entschieden hat, umso leichter ist es, in seinem Sinne zu handeln.

“Nichts Besonderes, aber alles besonders schön!” Das hast Du zauberhaft formuliert, das kann ich für mich sofort adaptieren. Danke für die schönen Gedanken.

Liebe Ines, so richtig Gedanken mache ich mir darüber nicht. Aber man sollte das natürlich machen. Irgendwann. Wittwe mit 44 zu werden ist natürlich dramatisch. Kann gut sein dass so ein Buch vielen hilft das auch zu verarbeiten.
Ich erlebe in der Praxis öfter dass die Männer sich schneller wieder binden als die Frauen.
Zur Zeit habe ich allerdings andere Ablenkung nötig. Ziemlich seichte bitte, es muss gar nix passieren 😉
Ein schönes Wochenende, liebe Grüße Tina

Männer der heutigen Generation Ü70 kommen alleine oft nicht gut klar, weil sie nie einen Haushalt geführt haben. Das merken Witwen Ü70 schnell: Die Männer suchen eine neue Hausfrau.

Ich wünsche Dir einen angenehm ablenkenden Sonntag!

Liebe Ines,
natürlich war ich auf deine Rezension schon gespannt, weil ich dieses Mal deinen Lesetipp bereits kannte.
Vor knapp zwei Jahren habe ich aus unmittelbarer Nähe erlebt, wie schnell etwas von heute auf morgen komplett anders sein kann und wie unvorbereitet manche(r) darauf ist.
Ich bin diesbezüglich zwar anders gestrickt, so nach dem Motto: “1. was ich vorher planen, kommunizieren und regeln kann, bleibt den anderen später erspart und 2. mache dich finanziell so gut wie möglich unabhängig” – auch, wenn man wie ich seit 33 Jahren verheiratet ist. (Mein Mann ist vermutlich ebenfalls aufgrund seiner Resilienz UND, weil er eindeutig besser und lieber kocht als ich lebensfähiger als ich ohne ihn.) 😉
Und so bin ich durch Zufall über dieses Buch gestolpert, weil mich allein der Titel schon neugierig gemacht hat.
Auch mir war die unkonventionelle, pragmatische Sichtweise der Autorin sofort sympathisch und ich finde, man kann durchaus einiges für sich mitnehmen aus diesem Buch.

Oh was die Küche angeht, wäre ich hier der deutlich herbere Verlust, aber verhungern würde mein Mann auch nicht. Es ist durchaus zum Kochen in der Lage, nur mache ich das lieber und besser.

Was ich für mich aus dem Buch mitgenommen habe, ist die Bestätigung, dass es nur einen richtigen Weg für den Umgang mit dem Tod gibt: den eigenen. Die besten Konventionen nützen nichts, wenn sie einem selbst nicht gut tun.

Danke Dir für den Lesetipp!

Liebe Ines,
der Tod ist in dieser Gesellschaft immer noch ein Tabuthema und ich erlebe das immer wieder.
Ich ar verwundert, dass du und einige der Kommentierenden hier auch lieber vor ihrem Mann gehen möchten. Ich dachte, ich wäre einsam auf weiter Flur. Denn auch ich denke, er käme besser ohne mich als ich ohne ihn zurecht.
Wir haben schon sehr früh alles geregelt, denn ich weiß sehr schmerzhaft, dass das Sterben keine Frage von Alter und Terminankündigung ist. Und Erben keine süße Sache. Das finde ich wichtig. Für alle.
Deshalb habe ich das Buch auf meine Liste genommen und werde es lesen.
Danke, dass du solche Themen ansprichst.
Ich wünsche dir einen schönen Sonntag.
Liebe Grüße
Nicole

Danke für Deine Zustimmung, auch solche Themen anzuschneiden. Was man trotz aller Vorkehrungen auch nicht ganz vergessen darf, ist diese aktuell zu halten. Zum Beispiel die Passwortliste für die wichtigsten Sachen … daran ist nämlich auch schon so mancher Erbe wahnsinnig geworden.

Trotz der ersten Corona-Lage war mir durchaus nach einem ernsteren Thema zu Mute. Ich kann ja nicht nur Trash lesen … aber als nächstes ist ein Roman an der Reihe, der bessere Zertreuung bietet.

🙂 Liebe Ines,
gutes Thema! Leider findet die Vorsorge im Hinblick auf den eigenen Tod noch immer viel zu selten statt.
Ich habe am eigenen Leib erlebt wie schwierig es werden kann, wenn jemand von jetzt auf sofort und unverhofft stirbt. Aber mein Vater war sehr umsichtig und somit konnte ich damals eine über den Tod hinaus gehende Vollmacht vorlegen und war handlungsfähig in einer sehr schwierigen Zeit. Das habe ich übernommen. Ebenso eine Patientenverfügung und eine Sterbeversicherung… Da sind die Wiener mit ihrer etwas “morbiden” Lebensanschauung echt gut drin! Eine Passwörter-Liste sollte ich wohl noch anlegen…
Bleib gesund und schönen Sonntag!
Liebe Grüße
Claudia 🙂

So gibt die Lektüre selbst bei einem vorsorgenden Menschen wie Dir noch eine gute Anregung. Irgendwas vergisst man bestimmt immer. Na ja – die Erben können auch ein bisschen was tun fürs Geld :).

Auf ein gesundes, schönes Leben!

Kann man mit Mitte 40 noch mal von vorne anfangen? Sicher können wir!
Eine Freundin von mir in diesem Alter und mit zwei Kindern verlor ihren Mann bei einem Motorradunfall, sehr traurig. Wir haben immer über all die Probleme gesprochen, die sie nach seinem Tod lösen musste, einfach, weil die beiden nicht vorher darüber gesprochen haben.
Wir haben schon sehr früh alles geregelt, ich denke, es wird weder für uns noch für die Kinder Überraschungen geben.
Danke dir für diesen scheinbar sehr tollen Lesetipp!
Liebe Grüße,
Claudia

Vielleicht haben inzwischen sogar mehr Menschen vorgesorgt als vor ein paar Jahren, als ich nach dem Tod meiner Cousine – die nichts geregelt hatte – den ersten Beitrag dazu geschrieben habe? So können wir uns jetzt wieder mit dem angenehmen Teil befassen: Leben!

Nennen wir es Belletristik, klingt besser 🙂 .

Da warst Du zu zögerlich für den Pullunder. Es hat mich am Tag nach der Veröffentlichung jemand per E-Mail dazu angeschrieben. Er ist schon bei der Leserin angekommen.

Liebe Ines,

ich bin zur Zeit wirklich ein wenig spät hier mit meinen Kommentaren. Vieles wurde ja auch schon gesagt hie in der Runde. Am Allberbesten hat mir der Spruch “Nichts Besonderes, aber alles besonders schön!” gefallen. Den brauche ich jetzt. Bald! Hoffentlich.
Ich habe da auch noch Baustellen (Patientenverfügung etc.) offen… und ich muss damit rechnen, dass ich, rein von der Lebenserwartung her, mein Mann ist 15 Jahre älter, einmal zurückbleibe. Aber nicht heute, bitte. Da habe ich gerade keinen Nerv zu, es gab schon zu viele Abschiede in den letzten 15 Monaten. Es reicht mal. Wenn es mir wieder besser geht, schließe ich die letzten Baustellen… versprochen. Ach, hatte ich schon gesagt, dass Baustellen in Köln auch schon mal länger dauern…?
Einen lieben Gruß,
Susa

Besonders schönes können wir wohl alle so langsam gut gebrauchen …

@Baustellen Es zwingt Dich ja keiner dazu. Wenn Du nichts entscheidest, entscheiden halt andere für Dich.

Mögen die Abschiede bitte ein Ende haben bei Dir!

Sende Dir sonnige Grüße!

Liebe Ines, mir hat Dein Beitrag sehr geholfen. Ich habe gerade einen Todesfall im Bekanntenkreis und hätte mich sonst sicher schwerer mit meiner Beileidsbekundung getan. So bin ich auf die Witwe zugegangen und es hat uns beiden gutgetan. Vielen Dank und liebe Grüße Greta

Es freut mich, dass das eine hilfreiche Anregung war. Tatsächlich schreibt die Autorin auch darüber, dass sie am allerschlimmsten fand, wenn Menschen in ihrem Umfeld einfach gar nichts gesagt haben, noch nicht mal einen mitfühlenden Blick oder Händedruck.

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