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Trend-Check Kufiya-Muster

Das Kufiya-Muster kennen wir alle, aber woher kommt es eigentlich? Und noch viel mehr stellt sich mir die Frage, wofür es steht. Unter Kufiya versteht man ein quadratisches Kopftuch, das ursprünglich von Männern in der arabischen Welt getragen wird.

Das typische Muster dieser Tücher, meistens weiß-rot oder weiß-schwarz gehalten, findet sich seit einigen Jahren allerdings auch vermehrt auf Kleidern und Tuniken für Frauen in der westlichen Welt in bunten Farben wieder. Es wird auch als Kufiya-Muster bezeichnet.

Besonders in weiß-gelb, wie Du es zum Beispiel bei Bloggerin Tina im Beitrag Kufiya Sommerkleid sehen kannst, mag ich es gerne leiden. Die Frage ist, ob man diesen Trend mitmachen möchte oder nicht.

Wie politisch ist Mode?

So gefällig ich das Muster optisch finde, so zucke ich gleichzeitig zusammen, wenn ich es sehe, weil ich mich frage, wofür es steht. Was möchte der Träger damit sagen? Oder ist es einfach nur ein modisches Accessoire ohne politischen Hintergrund?

Eine Abiturientin antwortete auf meine Frage, warum sie das Tuch mit dem Muster trage: Wieso? Ist halt ein Pali-Tuch. Wofür Pali in dem Wort stand und was es damit auf sich hat, wusste sie nicht. Fand ich ziemlich peinlich für die junge Dame. Ihr war das egal.

In Anbetracht der aktuellen Lage im Israelisch-Palästinensischen Konflikt habe ich am Wochenende etwas zu den Hintergründen gelesen. Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, diesen Konflikt vollständig zu verstehen.

Dabei habe ich das Israel-Thema sogar ein Semester lang in der Oberstufe in Geschichte gehabt. Es wurden allerdings lieber einzelne UN-Resolutionen im Wortlaut auseinandergenommen und kleinteilige politische Handlungen bewertet, als die Einordnung ins Weltgeschehen und die Zusammenhänge vor Ort betrachtet. Das Meiste davon habe ich vergessen.

Beim Lesen im Netz über die Geschichte des Israelisch-Palästinensischen Konflikts sah ich natürlich unter anderem Bilder von Jassir Arafat, dem vermutlich berühmtesten Träger der Kufiya. Durch ihn wurde die Kufiya als palästinensisches Nationalsymbol bekannt.

Wofür steht das Kufyia-Muster heute in Deutschland?

Ausgelöst durch die Bilder von Arafat und weil ich das Muster immer wieder im Internet bei Damenkleidung sehe, habe ich mir Gedanken dazu gemacht, was Menschen in Deutschland mit dem Kufyia-Muster verbinden. Auf Wikipedia steht dazu unter anderem

“Seit den Tagen des außerparlamentarisch organisierten Studentenprotests der 68er Jahre ist in der linken Jugend- und Subkultur das Palituch als Zeichen der Solidarität mit der PLO ein beliebtes Zeichen zum Ausdruck der persönlichen Zugehörigkeit insbesondere zur antiimperialistischen Strömung innerhalb des politisch linken Lagers und der alternativen Szene. Es wird dort als Zeichen des Widerstands gegen Repression und als Symbol persönlicher Freiheit verstanden. Auch von Hippies wird es in diesem Sinne getragen.”

Kyfia – Wikipedia

Nun ist es allerdings so, dass ich mich mit der PLO so gar nicht identifizieren kann. Mit dem politischen Verhalten Israels in weiten Teilen aber auch nicht. Ein Zeichen des Widerstands gegen Repression und als Symbol persönlicher Freiheit finde ich allerdings eine feine Sache.

Inzwischen wird das Palästinensertuch in westlichen Ländern auch ohne politischen Symbolbezug als Modeaccessoire verwendet – siehe mein oben geschildertes Erlebnis mit der Abiturientin. Ist das naiv oder einfach der Lauf der Zeit?

Umgehauen hat mich bei der Recherche dazu allerdings, dass in Deutschland seit Ende der 1990er Jahre die Kufiya vermehrt auch von Rechtsextremisten und Neonazis als Halstuch getragen wird.

Dass die Rechte die Symbole der Linken verwendet, um sich als sozialistisch oder revolutionär darzustellen, finde ich mehr als absurd. Allerdings finde ich extrem linke und rechte politische Sichtweisen gleichermaßen inakzeptabel. Da passt es dann schon fast, sie an denselben Symbolen erkennen zu können.

Lässt sich das Kufiya-Muster entpolitisieren?

Bei einem Kleidungsstück wie der Kufiya – als Tuch getragen oder als scheinbar daraus gefertigtes feminines Kleidungsstück – ist für mich der Symbolgehalt so hoch, dass ich nicht in der Lage bin, das unpolitisch zu sehen und als reines Modeaccessoire zu tragen.

Selbst wenn ich es als ein Zeichen des Widerstands gegen Repression und als Symbol persönlicher Freiheit tragen würde, wäre mir Stand heute die Gefahr zu groß, von politisch denkenden Menschen in eine mir nicht entsprechende geistige Ecke gestellt zu werden. Von daher bin ich froh, dass es das tolle gelb-weiße Kleid von Tina nicht in meiner Größe gab, so dass ich nicht vor der Versuchung stand, das Muster doch zu tragen.

Ich habe bewusst Stand heute geschrieben, weil ich mir vorstellen kann, meine Meinung dazu ändern, wenn ich zu der Erkenntnis komme, dass die Menschen in Deutschland mehrheitlich unpolitisch auf das Muster reagieren. Schließlich trage ich auch einen Trenchcoat, ohne mich in einen Schützengraben werfen zu wollen, und Shirts der französischen Marine, ohne der anzugehören.

Das für den Beitrag fotografierte Tuch befindet sich sogar in unserem Haus, aber ich wollte nicht einmal für Anschauungszwecke ein Tragefoto mit meinem Gesicht ins Netz stellen. Es gehört meinem Mann und liegt normalerweise in einer Erinnerungstruhe im Keller. Es ist ein echtes traditionelles Tuch aus dem Jemen, das meinen Mann 1988 neun Monate in der Wüste vor Sand geschützt hat, als er dort gearbeitet hat.

Was verbindest Du mit dem Kufyia-Muster? Trägst Du es?


38 Antworten auf „Trend-Check Kufiya-Muster“

In meiner DDR Jugend war Jassir Arafat oft bei unserer Regierung zu Besuch. Die PLO wurde nach Kräften unterstützt, Isreal wurde uns als „Agressor“ verkauft. In den DDR Nachrichten war „Agressor Israel“ eine völlig normale Floskel – ich dachte als Kind, das gehört irgendwie zusammen.
Natürlich habe ich mir soooo sehr ein Pali-Tuch gewünscht. Aber die gab es nur im „Westen“. Nach der Wende sah ich sie in jedem Touri-Shop rund um den Bahnhof Zoo in allen möglichen Farben. Aber da hatte ich keine Lust mehr, auf irgendein Statement.

Bis heute kaufe ich nichts mit diesem Muster und trage lieber andere Tücher.

„Agressor Israel“

Ja, das klingt nach DDR-Nachrichten. Aber leider auch nach BILD-Schlagzeile … was das angeht, hat sich Medienlandschaft leider nicht wirklich verbessert – egal in welchen Teilen unseres Landes.

Ich kann mich noch gut an die 70er und frühen 80er Jahre erinnern. Als Jugendliche habe ich so ein Tuch getragen, weil es modern war. Über die politische Bedeutung hatte ich mir damals gar keine Gedanken gemacht. Dieses Tuch war einfach nur praktisch, bequem und unendlich wärmend am Hals. Insofern geht es den Jugendlichen heute wohl nicht anders.

Heute würde ich das Tuch nicht mehr tragen.

Die aktuell so gemusterten Kleider assoziiere ich nicht unbedingt mit einer politischen Aussage. Da wäre ich eher beim Kopftuch.

Liebe Grüße Sabine

Erstaunlich, dass Du Dir damals keine Gedanken darüber gemacht hast, weil das ja ein sehr präsentes Thema in den Nachrichten der Zeit war. Was dafür spricht, dass sowohl das Tuch als auch das Muster wirklich in der Mode angekommen sind.

Mir gehts auch so, dass ich das Muster nur mit dem Kopftuch als politisch assoziiere, aber dann ausschließlich. Solch ein Tuch würde ich nicht tragen. Die politische Bedeutung habe ich als junge Frau visuell sehr erlebt (Arafat war ständig im TV präsent) und auch damals nie solch ein Tuch getragen.
Das Muster als Kleid, wie bei Tina, finde ich sehr schön und diese Schönheit möchte ich mir auch durch Politik – von welcher Seite auch immer – nicht wegnehmen lassen.
Dass das Tuch ebenso schön wie praktisch ist, hat die Nutzung durch Deinen Mann ja bewiesen. Schade genug, dass es politisch nun so aufgeladen ist.
Herzliche Grüße von Sieglinde

Die Präsens Arafats habe ich auch noch sehr vor Augen. Wir haben zu Hause auch durchaus darüber gesprochen, was es damit auf sich hat.

Was den praktischen Faktor des Tuchs angeht, lässt mein Mann nichts darauf kommen. Er sagt: In der Wüste geht das ohne nicht (wobei es ja auch weiße Tücher gibt …)

Liebe Ines,
ich habe auch in den 1970er, 80-er Jahren kein Pali-Tuch getragen. Erst war ich zu jung dazu, später gefiel mir die Richtung nicht, die ich damit ausgedrückt habe, es war mir immer zu politisch. Jetzt erst gar nicht mehr mit Pali-Tuch. Eigentlich ein sehr schönes Muster, auch mir gefällt es sehr gut in gelb-weiß. Vielleicht als Tunika mal eine Versuchung…
Bei dem von Dir gezeigten Tuch erkennt man die Wertigkeit des Materials und der Verarbeitung. Zum Beispiel bei den Troddeln. Es hat ja auch schon viele Tragestunden hinter sich und sich bewährt. Das würde ich auch schätzen und bewahren.
Herzliche Grüße,
Susa

Einer der Gründe, warum ich den Tuniken bisher widerstanden habe, war die kurze Länge, Einheitsgröße und der Schnitt meistens mit einer extrem hohem Empireteile mit Stufen darunter – also oben zu eng und unten zu kurz :).

Ich war selbst erstaunt, wie gut sich das Tuch meines Mannes anfühlt. Das ist wirklich traditionelle Fertigungskunst, keine Fernost-Billigproduktion. Von daher eigentlich schade, dass es hier im Keller versauert, aber ich darf es nicht verschenken. Er hängt daran.

Was für ein Thema! Ich habe schon oft darüber nachgedacht, ob junge Menschen, gerade hier in Berlin, die so ein Tuch tragen, überhaupt wissen, was Ihnen da um den Hals hängt.
Bärbel hat es oben schon geschrieben: Arafat war für uns in der DDR die scheinbare Verkörperung des Guten im Nahen Osten. Spätestens in meinem Studium, dass den Blick unweigerlich nach Norden und Westen richtete, wurde mir klar, dass die Dinge nicht so einseitig waren, wie sie uns verkauft wurden. Das Attentat in München 1972, die RAF, Landshut etc… wer aufmerksam las, hörte und Fernsehen guckte, bekam mit, dass die tuchbewähreten Mäner politische Strippenzieher waren.
Mir hat es immer widerstrebt politische Symbole in meiner Kleidung einzusetzen. Dieses Muster ist für mich genauso tabu, wie das Friedenszeichen, das neuerdings wieder angesagte Camouflage Muster oder eine Kette mit Davidstern, so schön er ausehen mag. Ich scheue mich vor diesen Statements.
Aber ich fürchte, dass der jungen Generation das komplett egal ist, weil sie es aus Unkenntnis gar nicht zuordnen kann. Es gibt einen zunehmenden Mangel an Geschichtsbewußtsein, was Symbolik betrifft. Ich habe schon lange kein Schulkind mehr, meine Enkel sind auf diesem Feld noch nicht so weit mit ihrer Bildung. Aber ich möchte fast glauben, dass es da Leerstellen im Unterrichtsstoff gibt.
Ich wurde Zeugin (weil ich dort arbeite) von der unsäglichen Querdenker Demo in November und war erschrocken über die Transparente mit Politikern in Sträflingskleidung und Teilnehmern mit Davidstern auf den Jacken – wenn man sowas original sieht, bekommt es noch mal eine andere Bedeutung als vor dem TV.

Nein, politische Symbole gehören für mich nicht in die Modeszene, ich mache um dieses Muster einen Bogen. Meine nachfolgenden Generationen stellen vermutlich nicht mehr diese historischen Bezüge her. Ich fände durchaus eine gewisse Aufklärung sinnvoll, wo es angebracht ist.
Was wir aber sehnlichts haben wollten Ende der 70er, Anfang der 80er – Baumwolltücher mit Glitzerfäden, die waren im Ost natürlich nicht zu bekommen. Es mußten die Mullwindeln unserer Kinder herhalten, der Windelkochtopf wurde zum Färbetopf :). Als sie dann fast aus der Mode kamen, hatte ich dann endlich auch eins, in Lila natürlich!!!
Viel Grüße Susanne

“Dieses Muster ist für mich genauso tabu, wie das Friedenszeichen, das neuerdings wieder angesagte Camouflage Muster oder eine Kette mit Davidstern, so schön er aussehen mag. Ich scheue mich vor diesen Statements.”

Geht mir genauso, habe ich alles nie getragen. Vor einigen Jahren waren feine Kaschmirpullover modern mit dem CND-Peace-Symbol, um die habe ich auch einen Bogen gemacht.

“Aber ich fürchte, dass der jungen Generation das komplett egal ist, weil sie es aus Unkenntnis gar nicht zuordnen kann. Es gibt einen zunehmenden Mangel an Geschichtsbewußtsein, was Symbolik betrifft.”

Wenn man gar nicht ahnt, dass es mit einem Muster oder Symbol etwas auf sich haben kann, ist es schwer, sich darüber Gedanken zu machen. Es wäre vielleicht hilfreich, wenn Modemagazine wie InStyle, Glamour & Co. nicht nur Pali-Tücher als neuen Trend ausrufen würden oder das CND-Peace-Symbol, sondern auch etwas zum geschichtlichen Hintergrund dazu schreiben würden. Bildung light sozusagen – besser als komplettes Unwissen und damit unwissende Unbedachtheit.

“Was wir aber sehnlichst haben wollten Ende der 70er, Anfang der 80er – Baumwolltücher mit Glitzerfäden, die waren im Ost natürlich nicht zu bekommen.”

Oh wie sehr musste ich so ein Baumwolltuch mit Glitzerfäden haben! 1983 oder 1984 muss das gewesen sein! Meins war Taubenblau mit silbernen Glitzerfäden. Und irgendwann habe ich die Fäden herausgezogen. Was habe ich dieses Tuch geliebt! Das war wohl mein erstes Trend-Accessoires :).

Ich erschaudere auch jedes Mal, wenn ich auf einem rosa T-Shirt ein Atomgegner Zeichen aus Strass sehe. Es verkauft sich scheinbar sehr gut, weil ich häufig schaudern muss 😎

Mir fällt gerade auf, dass ich das Kufyia-Muster bis jetzt nur mit dem Pali-Tuch und meiner Zeit am Gymnasium verbunden habe und nicht mit den jetzigen Kleidern.
Das Tuch war für mich ein zweifelhaftes Protestoutfit-Tuch und hatte so gar nichts mit der damaligen, aktuellen Mode zu tun, die mir eindeutig wichtiger war.

Dann hat es sich doch schon gelohnt, den Beitrag geschrieben zu haben. Wenn Dich also eine Kundin im Laden auf das Muster anspricht, kannst Du den Pali-Tuch-Zusammenhang herstellen – wenn Du denn möchtest. Oder es einfach als modisches Strandfähnchen verkaufen, wofür die Teile, die ich bisher sehe, absolut tauglich sind.

Habt Ihr bei Euch auch diese kurzen Tuniken in Einheitsgröße in Weiß mit Neontönen?

“Habt Ihr bei Euch auch diese kurzen Tuniken in Einheitsgröße in Weiß mit Neontönen?”

Die hatten wir bereits letztes Jahr im Sommer und die Kundinnen waren ganz verrückt danach, was ich nicht immer nachvollziehen konnte, weil es kein Teil ist, das grundsätzlich jedem Figur-Typ steht.

Ja, genau die meine ich. Die hingen um März 2020 auf Sylt gefühlt in jedem Laden. Und die Form steht den wenigsten …

Guten Morgen Ines, puh was bescherst Du mir in meinem Urlaub 🙂

Zitat Susanne: Aber ich fürchte, dass der jungen Generation das komplett egal ist, weil sie es aus Unkenntnis gar nicht zuordnen kann. Es gibt einen zunehmenden Mangel an Geschichtsbewußtsein, was Symbolik betrifft.

Einmal bin ich nicht jung, mir ist nichts egal und ich habe keinen Zunehmenden Mangel an Geschichtsbewusstsein, weil ich meine beiden Kleider, ja auch in schwarz/weiß besitze ich eins, trage. Wer meinen ersten Post zum Muster kennt, kann lesen dass ich mich damit auseinander gesetzt habe. Mit geschichtlicher Symbolik sowieso.
Dagegen wehre ich mich. Ich bin kein sehr politischer Mensch und mir gefällt das frische Muster. Natürlich habe ich auch, wie Ines, nur Wikipedia befragt und ich finde nichts verwerfliches daran, dass das gemusterte Tuch nach einer Stadt im Irak die 638 gegründet wurde benannt ist. Traditionell von Bauern und Beduinen getragen. Dies inspirierte mich auch meine Lamatasche dazu zu tragen. Ich fühle mich darin wohl und wirklich niemand hat das Kleid bisher politisch betrachtet.
Für MICH also in der Mode eher traditionsbehaftet und nicht politisch. Damit stehe ich nicht alleine da, denn immer noch verarbeitet die Perserin Leyla Piedayesch, Label Lala Berlin, mit großem Erfolg das traditionelle Muster in ihren Kollektionen. Ich mags. Wer es nicht mag darf das auch. 😉
Wir werden uns wohl öfter damit auseinandersetzen müssen, dass unschuldige Symbole und Dinge “missbraucht” werden. Wie schön ist ein Regenbogen bitte… und für was steht er mittlerweile alles?
Berühmt das H****kre**. Missbraucht vom N* gibt es das Symbol schon im Mittelalter. Sollen wir über 1000 Jahre alte Fundstücke mit diesem Symbol drauf nicht in einem Museum ausstellen? Och zerkloppen wir die Sachen doch einfach und ignorieren ihre frühe Herkunft und Tradition und für was es ursprünglich stand. Das ist für mich über den Tellerrand schauen. Der Studentin mit Tuch mag das egal gewesen sein, mir sicher nicht.
Für mich ist Mode nicht politisch, für andere Menschen schon. Mich transportiert sie assioziativ woanders hin. Aber nicht aus Unwissenheit. So ein klein wenig hat mich das verletzt… Ich mache mir nämlich sogar oft mehr Gedanken als nötig.
Ich wünsche Dir einen angenehmen Donnerstag, liebe Grüße Tina

Liebe Tina,
da sagts du was: ich hatte vergessen, auf das Kleid einzugehen: in diesem Fall erfährt das Muster einen kompletten Bruch mit dem Original – ich sehe dort kaum mehr das politische Symbol, sondern eine Verfremdung. Ich persönlich würde es aus den o.g. Gründen trotzdem nicht tragen, das Muster ist bei mir mit der Symbolik des Tuches verbunden. Meine harsche Ansicht bezog sich tatsächlich auf das Palituch. Vielleicht ruft meine Osterziehung diese konsequente Ablehnung politischer Symbole hervor, ein besonders politischer aktiver Mensch bin ich nicht, aber natürlich interessiert. Uns wurden diese Dinge so um die Ohren gehauen, dass ich genug davon habe, für den Rest meiner Tage!
Ich weiß, dass durch Lala Berlin ein neuer großer Hype ausgelöst wurde, aber finde eben auch, dass man in diesem Zusammenhang durchaus etwas zur Historie und der Symbolik anmerken darf.
Das Kleid steht dir, keine Frage, wenn du Spaß daran hast, umso schöner!
Viele Grüße
Susanne

Liebe Tina,

es war in keiner Weise meine Absicht, Dich zu verletzen. Auch wenn ich inzwischen weiß, dass sich Deine Worte nicht auf meine, sondern auf Susannes bezogen, ist mir wichtig, dass an dieser Stelle zu schreiben.

Ich habe Dein Kleid als Beispiel gesehen, dass das Muster auf fröhliche Weise in der Mode angekommen ist und dass eine Sichtweise auf das Muster ist, die es entpolitisiert betrachtet werden. Nur dass ich für mich zu dem Entschluss komme, dass nicht ohne den – für mich negativ besetzten – politischen Hintergrund sehen zu können. Wobei ich ja nicht ausschließe, dass sich meine Meinung dazu auch ändern könnte. Dass Du Dir Gedanken zu solchen Themen machst, das weiß ich. Es tut mir Leid, wenn Du Dich mit der Abiturientin ein einem Topf geworfen gefühlt hast. Das ist der falsche Topf für Dich. Also falls Du überhaupt in einen wollen würdest …

Ich wünsche Dir – mindestens ab jetzt wieder! – einen schönen Urlaubstag!

Herzliche Grüße
Ines

Liebe Susanne, sicher kann das die Auswirkung der Erziehung sein und dann kann ich das auch nachvollziehen – teilweise.
Ich finde auch die Kleider nehmen das Muster eher unbemerkt auf in dem Fall. Meine Interessen sind eindeutig mehr geschichtlicher als politischer, was doch ziemlich verwandt ist, muss ich zugeben. Ich würde zum Iran auch lieber Persien sagen und zu Thailand Siam. Das klingt herrlich. Politik verändert diese herrlich romantische Sichtweise sehr, deshalb ist für mich Kufiyamuster das traditionelle Kufamuster der Beduinen und Bauern. So leicht bin ich dann doch gestrickt. Die politischen Hintergründe um das Tuch kenne ich natürlich. Es hat mich nie gereizt. Aber wenn ich Arafat höre, dann denke ich an nichts anderes als meine Lehrzeit und unsere Schreibkraft, die soooo verliebt in ihn war! Wehe er kam mal wieder im TV oder ein Foto in der Tageszeitung. Was hat sie geschwärmt. Was für ein Maaaahhhhnnnn ups anderes Thema…
Ich denke als gebürtige Iranerin ist es für die Lala Berlin Designerin tatsächlich ein traditionelles Muster. Die Historie geht halt viel weiter zurück. Die Historie des Musters ist nicht die, die Du damit hast. Das haben die Symbole und Muster auch nicht verdient. Das sollten wir beachten und nicht vergessen. Ich finde es toll und bemerkenswert wie sie es umsetzt.
Aber ich verstehe dass man bei negativer Assoziation keine Lust hat sich so zu kleiden. Denn dann denkt man immer daran. So wie ich mein beiges Cordhosentrauma aus der Kindheit habe. Die haben mir nix getan, aber Glück und wohlfühlen assoziere ich nicht damit. 😉
Ich wünsche einen schönen Donnerstag, liebe Grüße Tina

Liebe Ines, nein nein der Beitrag ist völlig okay und modisch gesehen auch echt mal nötig. Ich mache mir ja auch gern solche Gedanken, für und wieder bestimmter Dinge. Du sprichtst den Trench an, genau! Das It-Piece das in keinem Schrank fehlen sollte. Denken wir an Schottenkaro. Clans und Zugehörigkeit. Da gibt es viele Beispiele und es ist ein wirklich interessantes Thema.
Ich weiß ja dass Du das Kleid bei mir gern magst. Die Farbe macht gute Laune. Mir auch das Muster. Aber wohlfühlen ist ein wichtiger Faktor und wenn ich etwas negativ assoziere kann ich mich doch nicht wohlfühlen! Da bin ich völlig bei Dir und Deinen Kommentatorinnen.
Liebe Grüße Tina

“Denken wir an Schottenkaro. Clans und Zugehörigkeit.”

Genau das ist ein Beispiel, warum ich nicht ausschließen kann, vielleicht auch irgendwann das Kufiya-Muster als Kleid zu tragen, denn bei Schottenmuster habe ich überhaupt keine Hemmungen, die zu tragen, auch ohne vorher zu schauen, an welchen Clan das angelehnt ist und wofür der steht. Da sind mit Sicherheit auch Clans dabei, die nicht nur Gutes im Sc Schilde geführt haben.

Ich habe dieses Muster zwar auch schon sehr oft gesehen, aber ich hatte keine Ahnung über die Hintergründe…
Ich bin da immer etwas zwiegespalten. Denn einerseits kann ich verstehen, wenn das Muster gefällt und eben auch den Weg in die Mode findet, andererseits finde ich das schwierig, wenn man über die Bedeutung dahinter Bescheid weiß. Wobei die wohl vielen auch gar nicht bewusst ist; wahrscheinlich begegnen die meisten dem Muster eher in einem “harmlosen” Kontext.
Gar kein einfaches Thema; über das man sicherlich viel diskutieren könnte.

Danke, dass Du schreibst, dass Du keine Ahnung über die Hintergründe des Musters hattest. Das bestätigt mich darin, dass es sich gelohnt hat, diesen Beitrag zu schreiben, denn ich finde es wichtig, Hintergründe zu kennen. Wenn Du jetzt etwas mit diesem Muster siehst, was Dir gefällt, kannst Du den Hintergrund in die Kaufentscheidung einbeziehen – wie auch immer Du ihn für Dich interpretierst.

Liebe Ines,
ich sehe das Bild und bin zack ca. 10 Jahre alt. Bei uns in der Schule hieß es auch Arabertuch. Ich habe es damals nicht getragen, weil es mir optisch nicht gefiel und es alle hatten (war nie so meines, dieses das haben alle- bis heute). Ich kannte dessen Bedeutung im weitläufigen Sinne, deine Aufklärung den rechten und linken Rand betreffend, war neu für mich. Ich hatte es nur links verortet. Also Danke dafür.
Und ich gestehe, im Kleiderzusammenhang habe ich es nie gesehen. Jetzt schon. Wobei ich es in gelb ok fände, für mich gibt es den direkten Bezug tatsächlich nur bei rot oder schwarz.
Ich denke wie du: Extreme, ob links oder rechts empfinde ich beide als schlimm, ich würde genau aus diesem Grund keinerlei Bekenntnis darstellen wollen.
Deshalb schließe ich mich dir an.
Ich wünsche dir einen schönen Donnerstag.
Liebe Grüße
Nicole

@Tina
Als Kleid finde ich es viel schöner als als Tuch in schwarz-weiß, wobei Du ja weißt, dass ich das gelb-weiße Kleid viel lieber mag. Warum? Es wirkt so schön sonnig.

@Nicole

“Ich habe es damals nicht getragen, weil es mir optisch nicht gefiel und es alle hatten (war nie so meines, dieses das haben alle- bis heute).”

Geht mir beides auch so: Ich mochte die Tücher damals einfach nicht leiden und wenn alle etwas haben, will ich es nicht (mehr).

Die Verortung des Pali-Tuchs im rechten Rand war mir auch neu. Umso mehr ein Grund, das Tuch zu meiden.

“Ich habe keine Lust, mich mit irgendjemanden solidarisch zu zeigen, wo mir die Hintergründe viel zu komplex sind, als dass ich da durchblicke.”

Das ist bei mir auch ein Punkt. Die Grundzüge des Nah-Ost-Konflikts sind mir klar, aber außer dem Verurteilen von Gewalt und dem Sehen einiger Ungerechtigkeiten maße ich mir da kein Urteil an und beziehe deshalb auch keine Stellung für die eine oder andere Seite.

“viele Schüler der Oberstufe haben es damals in der Schule getragen, in schwarz-weiß.”

Die meisten trugen bei uns auch schwarz-weiß, einige aber auch rot-weiß, was ja auch noch für unterschiedliche politische Ansichten stehen soll – spätestens da hört meine Kenntnis auf. Ich weiß allerdings, dass sie Farbe des Tuchs bei mir bekannten Personen durchaus bewusst gewählt wurde.

Aua, schwierige Frage. Also erstmal: Ich liebe das Kleid an Tina. Es steht ihr irre gut. Da habe ich eher keine politischen Assoziationen.

Ich habe irgendwann zwischen 15 und 18 so ein Tuch getragen. Ich war mir der Aussage bewusst und stand damals dahinter. Inzwischen bin ich viel älter und weiser 😉 Ich würde es nicht mehr tragen. Genausowenig wie ich ein Lonsdale-T-Shirt tragen würde. Letzteres noch viel weniger, ehrlich gesagt. Und wenn die Pali-Tücher nun auch noch von den Rechten aufgegriffen werden. Och nö. Echt jetzt. Sucht euch was anderes. Und wenn Davidsterne jetzt zum Schmuck umfunktioniert werden – sorry, da muss ich brechen. Aber da reagiere ich vielleicht auch aus sehr persönlichen Gründen über.

ich denke tatsächlich, dass viele junge Menschen das Muster einfach nur hübsch finden und sich der politischen Bedeutung nicht bewusst sind. Meine Töchter gehören hoffentlich nicht dazu, die haben immerhin mich als Mutter… und das ist nicht immer spaßig *grins*

Andererseits finde ich es vielleicht auch gar nicht so schlimm, wenn aus Symbolen wie dem Pali-Tuch oder dem Lonsdale-Shirt irgendwann nur noch Mode wird. Diesen Symbolen wird vielleicht viel zu viel Bedeutung beigemessen. Ich weiß es nicht, ehrlich. Nur wie gesagt: Ein Davidstern als Schmuckstück – der wird für nich niemals gehen. Das tut einfach nur weh.
Liebe Grüße
Fran

Ein Davidstern als Schmuckstück finde ich auch absurd. Völlig indiskutabel.

Wenn Marken mit bestimmten politischen Ecken verbunden werden, dauert das ja auch oft eine Weile, bis man das mitbekommt.

Lonsdale – siehe https://de.m.wikipedia.org/wiki/Lonsdale_(Unternehmen) für alle, die das nicht kennen – trifft zum Glück nicht meinen Stil, so dass ich die Falle nicht tappen kann. Aber manchmal tappt man vielleicht schneller unabsichtlich in eine, als man es merken konnte.

Heute zu sagen, dass man in den 1970ern oder 1980ern ein Palituch bewusst und aus Überzeugung getragen hat, finde ich völlig O.K. – ebenso, wie die Lage heute anders zu bewerten. Das gehört auch zur persönlichen Entwicklung dazu und politische Verhältnisse ändern sich ebenso wie die eigene Sicht darauf.

Falls Deine Kinder doch mal in ein solche Falle tappen, bin ich sicher, dass Du sie da nicht drinstecken lässt :).

Liebe Ines

ich kenne das Tuch aus meiner Schulzeit in den 80ern, wer irgendwie up to date und progressiv sein wollte, brauchte so ein Ding. Und klar, war man für Palestina und war links und generell gegen alles, was zu etabliert war.

Mittlerweile interessiere ich mich weitaus mehr für Politik und halte dieses Muster für mich als Deutsche für indiskutabel. Es gibt zu viele Antisemiten, die damit durch die Straßen gehen, seien sie von links oder rechts, seit Jahrhunderten hier oder frisch migriert.

Ich weiß auch nicht genug über den Nahostkonflikt, um mir ein Urteil zu erlauben, aber Antizionismus lehne ich strikt ab.

Mag sein, dass es in weiß gelb einen anderen Eindruck macht, aber in meinem Leben hatte das Muster immer etwas mit politischer Anschauung zu tun, da passt das einfach nicht.

liebe Grüße

Verena

Danke für Deinen ersten Kommentar hier – und dann gleich zu so einem polarisierenden Thema.

“Es gibt zu viele Antisemiten, die damit durch die Straßen gehen, seien sie von links oder rechts, seit Jahrhunderten hier oder frisch migriert.”

Deine Worte bringen das für mich auf den Punkt. Danke!

Ich habe tatsächlich in meiner Jugend ein Pali Tuch getragen. Zum einen, weil es tatsächlich ein “Zeichen des Widerstands gegen Repression und als Symbol persönlicher Freiheit darstellte”. Es war aber definitiv auch ein Zeichen um sich von “Poppern” und deren “unpolitischen Konsumhaltung” abzugrenzen. Wer was auf sich hielt war eher links und grün. Gegen Atomkraft, gegen Massentierhaltung, gegen Legebatterien und vor allem gegen Krieg. Ich habe überhaupt kein Problem mit dem Peace Zeichen und trage es so, wie es schon die Hippies und Musiker in den späten 60ern getragen haben.
Heute bin ich natürlich irgendwo eine andere. Und mich gruselt, wenn ich sehe wie dem Westen völlig unreflektiert Zucker in den Hintern gepustet wird, während man z.B. Putin alle möglichen Dinge unterstellt, die niemand beweißen kann. Wie Deutschland unter dem Deckmäntelchen der Nato Angriffskriege unterstützt. Die USA sind einer der größten Aggressoren, wenn nicht die größten, auf der Welt. Kapitalistische Imperialisten vom Feinsten. Niemand hat in letzten 200 Jahren so viele Kriege angezettel wie sie. Aber das ist ein ganz anderes Thema. Vielleicht sollte ich auch einfach den Kopf in den Sand stecken und mich fragen, wann ich das nächste Mal nach Malle fliegen kann.

Ich kann auch nicht vestehen, wie Leute mit Band Shirts laufen können, deren Musik sie nicht einmal kennen.
Die gefärbten Windeln haben wir übrigens auch getragen. Waren auch angenehmer am Hals als die mit den Silberfäden. 🙂

BG Sunny

“Wer was auf sich hielt war eher links und grün.”

Frei nach dem Motto Wer als Jugendlicher kein Kommunist ist, hat kein Herz. Wer es als Erwachsener immer noch ist, kein Hirn. Ich würde mich jedenfalls sehr über eine grüne Bundeskanzlerin freuen.

Die gefärbten Stoffwindeln hatte ich auch nach dem Glitzerfädentuch. Damit gibt es sogar ein sehr süßes Foto von mir, aber leider kann ich das nicht ins Netz stellen, weil es von einem Fotografen gemacht ist, den ich nicht um Erlaubnis fragen kann.

“Ich kann auch nicht vestehen, wie Leute mit Band Shirts laufen können, deren Musik sie nicht einmal kennen.”

Sowas werde ich auch nie verstehen.

Liebe Ines,

das war ein total interessanter Blogbeitrag und die Beiträge der Kommentatorinnen waren allesamt lesenswert, wertschätzend und zeigen die Vielfalt und dabei auch die gemeinsame respektvolle Grundlage im Miteinander hier bei Dir!
Danke Ines

Man kann so ein Pali-Tuch nicht tragen, ohne gleichzeitig ein politisches Statement abzugeben.
Genauso wenig, wie man die Konflikte in Israel und Palästina wirklich verstehen kann. Das war in meiner Jugend genauso, wie heute.
So schön und so praktisch diese Tücher auch sind (wir haben mehrere Originaltücher), werde ich auf dieses Accessoire verzichten.
LG
Sabiene

“Genauso wenig, wie man die Konflikte in Israel und Palästina wirklich verstehen kann.”

Das Thema ist so komplex. Geschichte, Religionen, heilige Orte, Besetzungen, Ressourcen von Bodenschätzen bis Wasserzugang, Verkehrswegen und ohne das Dritte Reich gäbe es Israel vermutlich nicht. Ein unlösbarer Knoten und unsere Geschichte mitten drin …

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