Werbung – Rezensionsexemplar

Alles wird gut
von Nina Lykke
Deutsche Erstausgabe
Aus dem Norwegischen von Sylvia Kall und Ina Kronenberger
Originaltitel Full spredning, Originalverlag Forlaget
Hardcover mit Schutzumschlag, 352 Seiten
ISBN 978-3-442-75934-7
Erschienen am 16. August 2021 im btb Verlag (Werbung)
Bestellmöglichkeiten bei diversen Händlern findest Du auf der Verlagswebsite.
„Wie konnte es so weit kommen? Elin – Mitte 50, Allgemeinärztin seit 20 Jahren und genauso lange verheiratet mit Aksel – ist kurzerhand in ihre Praxis gezogen. Während Aksel jede freie Minute mit Skilanglauf verbringt, schickt Elin eines Abends schon leicht angeschickert eine Nachricht an ihren Jugendfreund Bjørn – der antwortet prompt. Elin fühlt sich das erste Mal seit Langem wieder richtig lebendig. Aus Alltagsresignation wird erwartungsvolle Aufbruchsstimmung. Doch eine langjährige Ehe und das gutsituierte Leben im Reihenhaus lassen sich nicht so leicht abschütteln. Das ist die Ausgangssituation des vielfach ausgezeichneten Romans, der mit entlarvender Ehrlichkeit das Beziehungsleben der modernen Großstädter in mittleren Jahren unter die Lupe nimmt.“
Klappentext
Bis zu Zeiten des Internets war es unwahrscheinlich, alten Liebschaften nach vielen Jahren wieder über den Weg zu laufen. Ein Schultreffen war noch die eheste Möglichkeit. Aber wer schaut im Netz nicht ab und an mal, ob der eine oder andere Verflossene dort zu finden ist, was aus ihm wurde und wie er (oder sie) jetzt aussieht? Von nur mal online gucken bis sich in eine Affäre sondergleichen zu stürzen ist da alles drin …
Der Roman hat mich von der ersten Seite an in seinen Bann gezogen. Die Geschichte liest sich wie ein ergreifender Monolog. Das Spannende dabei ist, dass die Leserin weiß, dass Elin während des Monologs in der Praxis lebt, aber eben nicht, wie es dazu kam und wie es enden wird. Stückweise setzt sich die Geschichte zusammen.
Etwas lerne ich bei der Lektüre von Elin, was mir selbst ungemein schwer fällt: Dinge auszusitzen, die man eh nicht will. Man muss nicht immer sofort antworten, sich nicht um alles kümmern. Man kann sich einfach mal zurücklehnen und sehen, was ohne das eigene Zutun passiert.
„Mit jeder Minute, die verstrich, ohne dass ich antwortete, wurde ich ruhiger, und jetzt ärgerte es mich, dass ich mehr als ein halbes Jahrhundert auf dieser Welt zubringen musste, um es zu begreifen, dass es am besten und am effektivsten ist, wenn ich gar nichts sage oder mache.“
Seite 16
Schön sind auch die Szenen, nachdem es Elin nicht gelungen ist, sich zusammenzureißen. Als Ärztin muss es definitiv eine Herausforderung sein, einige Patienten zu ertragen und ihnen nicht ungeschminkt die Meinung zu ihrem gesundheitlichen Lebensstil an den Kopf zu werfen.
„Der Deckel meines inneren Dampfkochtopfs ist wieder fest verschraubt, denn ich habe heute schon mein Kontingent an tolerierten Entgleisungen für das ganze Jahr, vielleicht für mein ganzes Berufsleben ausgeschöpft.“
Seite 201
Und letztlich kann es einem genauso ergehen wie Elin.
„In jeder einzelnen Minute und Sekunde kann alles zusammenbrechen, niemand ist sicher in diesem sogenannten Alltag, den wir für in Stein gemeißelt halten, der aber in Wirklichkeit in Sand geschrieben ist, und bald kommt der Tsunami. Aus der Entfernung wirkt die Welle sie kraftlos und ungefährlich. Erst wenn sie sich über dich erhebt, erkennst du, wie riesig sie ist, aber dann ist es zu spät.“
Seite 210
Nichts im Leben ist sicher, alles kann von heute auf morgen einstürzen – physisch im Umfeld oder Körper, psychisch in Beziehungen. Ich mag Beständigkeit und deshalb gehört zu meine größten Ängsten, dass das passieren kann. Das Einzige, was relativ sicher ist: Für die meisten Menschen geht es irgendwie dann am Ende doch gut weiter, auch wenn sie unfreiwilligen Veränderungen ausgesetzt sind.
Den Spruch alles wird gut kann ich dennoch nicht leiden. Warum? Er wird meistens in Momenten verwendet, wo der Betroffene gar keine Ahnung hat, wie etwas wieder gut werden soll. Es wird anders fände ich viel passender. Ob es für Elin am Ende des Buchs gut wird, findest Du am besten selbst heraus, indem Du den Roman liest.